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Ambos, das eigenen Empfinden lässt leider keinen gemeinsamen Austausch über ein Thema zu, weshalb man ja Definitionen schafft, die alle gleichermaßen im Sprachgebrauch verwenden können, um Dinge voneinander abzutrennen. Meine vier oben genannten Punkte stellen das auf einfache Weise dar.
Die von dir angesprochenen Aufnahme, die sich nicht über Aufnahmetechnik erreichen lässt, weil vorher eingeplante Bearbeitung später nötig wird, wäre nach strenger Definition (Punkt 4) schon Bildbearbeitung.
Aber genau da sehe ich auch Spielraum, um Punkt 4 weiter zu unterteilen. Du schaffst ja ein Abbild deiner Realität, die vor der Aufnahme schon in deinem Kopf manifestiert war. Hier wäre dann die bearbeitete Endfassung ggf. noch als Foto zu klassifizieren.
KoljaP, ob man den Entwicklungsprozess, das bildgebende Verfahren, als Veränderung sieht oder nicht, wäre eine Definitionsfrage. Da es ein rein technischer Vorgang ist, der letztlich erst ein Foto generiert, würde ich hier ganz klar nicht von einer Bearbeitung sprechen.
Zudem hat sich in deiner Beschreibung des Entwicklungsprozesses ein Denkfehler eingeschlichen. Das Rohbild der Kamera enthält keine RGB-Pixel mit 16 Bit Abstufung. Aufgezeichnet werden 12-14 Bit und die liegen als Graustufen vor, die erst durch Interpolation zu RGB-Pixeln werden. RAW-Dateien können, gerade bei Sony, unterschiedliche Größen bei gleicher Sensorpixelzahl haben, je nach Aufzeichnungsverfahren.
Eine Entwicklung außerhalb der Kamera lässt neben JPEG auch andere Zielformate zu, beispielsweise TIFF, die bis zu 16 Bit Farbtiefe speichern können, so dass keine Informationen verloren gehen.
Auch bei JPEG muss die Kompression nicht zwingend einen Informationsverlust bedeuten, das kommt letztlich auf die Aufnahmegegebenheiten an.
Hallo Pete,
ich presche hier mal so einfach als "Neuer" in die Diskussion, die schon fast zum Glaubenskrieg ausartet. Grob betrachtet treffen hier zwei Lager aufeinander:
diejenigen, die selbst noch nie eine analoge Kamera in der Hand hatten, und nicht wissen worüber sie reden, und jene, die sich zum Urgestein zählen und die ganze Palette vom schwarz-weiss-Negativfilm, Farb-Netativfilm über Dia zur Digitalphotographie mitgemacht haben.
Zu analogen Zeiten war es eine Glaubensfrage, welche Filme verwendet wurden. Da gab's so Kriterien wie Grob- und Feinkörnigkeit, da konnte man sich Köpfe heiss reden, welche Filter wozu gut sind, oder wie farbbetont die unterschiedlichen Filmfabrikate waren. Man war auch zu den Zeiten schon feste damit beschäftigt ein Foto zu gestalten. Und das äußert sich ja auch in der Bezeichnung Fotograf (Photograph), das heisst Lichtbildner! Und was kann man alles mit Licht machen! Früher in der analogen Zeit geschah das aufwendig im Labor. Heute hat uns die digitale Technik mit ihren Laboren (Programmen) ungleich feinere Werkzeuge an die Hand gegeben. Natürlich kann man alles übertreiben. Ich halte nichts von solcher "Kreativität" wie Bikinischönheiten in eine Eiswüste zu versetzen oder ähnliche Abstrusitäten. Dafür habe ich in einem der Beiträge eine nette Umschreibung gefunden: Pixelschubserei. - Genau das!
Früher bei den analogen Kameras, als die Halb- und die Vollautomatik aufkam, witzelte man: da fehlt nur noch die Motivklingel. Da sind wir längst angekommen: diese ganzen unsäglichen Automatikprogramme mit Gesichterkennung, Grinserkennung und ähnlichem Schwachsinn. Ich habe meine Dynax 7D ob ihres Purismus geliebt. Leider ging sie unwiederbringlich zu Bruch. Ich habe lange getrauert. Meine Wahl fiel danach auf die A700. Einfach eine logische Wahl, weil alles, was ich schon hatte, darauf passte. Schon mit der Dynax habe ich nur noch im Rohformat fotografiert und habe das beibehalten. Da kann man aus einem gewollt oder ungewollt unterbelichteten Fotos noch was machen, oder einer unter Kunstlicht gemachter Aufnahme etwas mehr weiss beizubringen, damit sie nicht gar so rot oder blau daher kommt, nur weil die Kamera was falsch verstanden hat. Oder mal einen Horizont gerade rücken, oder, oder... Zig andere Anwendungen könnte ich aufzählen. Aber das versuch mal einer mit einer von der Kamera entwickelten Aufnahme im .jpg-Format. - Der tut sich hart!
Fotografieren ist und bleibt ein kreativer Prozess. Ich will keinem zu nahe treten, aber wer meint, alle seine Bilder kommen 100%ig aus der Kamera, der überschätzt sich! Heute ist es nur einfacher, machste von einem Motiv 100 Bilder (Speicher kostet ja nichts und die Kamera macht ja auch 10 Bilder/sec), 99 schmeisst man weg, das übrige eine Bild ist super gelungen und geht ohne Bearbeitung durch: auch das kann 100% sein. Wie war das noch bei den Dias? Von 4 oder 5 Urlaubsfilmen bleiben ca. 3 Filme übrig, der Rest war Schrott. Aber bei ehrlicher Nachbetrachtung wäre aus der einen oder anderen Aufnahmen doch noch was zu machen gewesen - hätte man die heutigen Möglichkeiten gehabt.
Ich hoffe, dass ich mit meine eher emotionale Ausführungen niemand zu nahe getreten bin. Aber das ist meine Meinung, zu der ich stehe. Ist ein bisschen wie mit den Tütensuppen: gib 20 Menschen je eine Tüte und das ergebnis wird immer das gleiche sein. Sag aber zu 20 Menschen: mache eine Gemüsesuppe. Da kann vom Kunstwerk bis zur ungeniessbaren Brühe alles dabei sein.
In diesem Sinne herzliche Grüße
Christian
P.S. ich hänge auch noch ein bisschen der "antiken Mentalität" an
Hallo Christian,
schön, dass du "eingeprescht" bist! Aus deinen Worten liest sich langjährige Fotoerfahrung und du hast deine Position zu diesem Thema schon längst gefunden.
"Fast als Glaubenkrieg", wie du schreibst, habe ich die bisherige Diskussion nicht emfunden. Ich erlebe Interesse, große Bereitschaft, eigene Standpunkte zu zeigen, unterschiedliche Positionen und eine interessante Entwicklung in der Diskussion.
Es ist überaus begrüßenswert, wenn Sonus Forendiskussion eine solche Intensität und einen solchen Gehalt haben.
Beste Grüße
Pete
Hallo Christian und alle anderen,
zunächst hatte ich etwas Befürchtungen als ich mich hier anmeldete, denn in den letzten Jahren bin ich auch zu einem begeisterten Photoshopper geworden. Und ich finde es gibt wunderbare Möglichkeiten, Kunstwerke über PS zu erstellen, z.B. indem man mit der Gradationskurve experimentiert. Ausgangspunkt ist dabei für mich immer noch eine digitale Fotografie.
Genauso gern fotografiere ich inzwischen im RAW-Format, und dann ist PS nur mein Hilfsmittel wie ich es noch zu alten Dunkelkammer-Zeiten kenne. Und in der Tat mehr als 5 Minuten brauche ich dann kaum, um die nötigen Arbeiten am Bild vorzunehmen.
Deswegen ist dies auch kein Gegensatz für mich, sondern es gibt eben +*Foto-KünstlerInnen*+ und +*Photoshop-KünstlerInnen*+.
arne
:smileysmile:
Hallo Pete,
> *Mich interessiert brennend, was Ihr glaubt, wie hoch der %-Satz der Bildnachbearbeitung in der digitalen Fotografie ist?*
ich habe nicht alle Beiträge hier gelesen, der dürfte wohl bei annähernd 100% liegen. Das geht bei der RAW-Fotografie schon los und endet mit diversen Möglichkeiten der Bildbearbeitung.
Aber das Bilder, wie auch immer, manipuliert werden, das ist ja nicht neu. Zu analogen Zeiten wurden neben der Arbeit in der Dunkelkammer sicher mehr Zubehörteile (Filter, Vorsätze etc.) schon beim Fotografieren eingesetzt um eine entsprechende Bildwirkung zu erzielen. Heute macht das der PC.
Ich sehe da nichts verwerfliches, wenn jemand sein Foto nach seinen Vorstellungen verfremdet. Wie hat vor Jahrzehnten schon mal ein Fotograf gesagt: Traue keinem Foto !
Gruß Jürgen
Hallo Pete,
ich sehe das so. Was auf dem Fotopapier ausbelichtet, gedruckt oder irgendwo in Foren usw. gezeigt wird ist >das Bild< das ich zeigen möchte.
Der Weg dahin ist für mich ein gesammtheitlicher Prozess. Ich bewundere das Können eines Foto-Freundes analog schwarz/weiss Bild selbst zu entwickeln und dann einzuscannen. Ich habe das von ihm "gelernt" und will mich da die nächste Zeit mal mit näher auseinandersetzen. Um mal bei diesem Beispiel zu bleiben macht dieser Fotograf nicht mal Fussel vom Scannen weg - sehr puristisch. Auch das starke Rauschen mancher Bilder könnte man locker mit Bildberbeitung beseitigen - aber er macht es nicht - sein Weg.
Ich versuche jederzeit soweit es meine Kenntnisse zulassen und mein Equipment her gibt "gute" digital Bilder zu machen. Aber ich bearbeite grundsätzlich nach.Da kommt alles zum Einsatz was ich gut und richtig finde. Warum um alles in der Welt sollte ich denn nicht, wenn ich am PC sehe, dass da was am Rand stört nicht im nachhinein den Bildausschnitt verändern. Wenn ich bei Sturm Nachtbilder vom Hafen mache gibt es so viele Fehlerquellen. Vor Ort war es kalt, dunkel, nass, der Wind hat am Objektiv gezausst. Da macht man schon mal "Fehler", die ich anschliessend erst erkenne. Der Horizont wird gerade gerückt. Die Tonwerte etwas korrigiert. Wenn ich es nicht tun würde wäre das Bild verloren - Tonne! Aber so, niemand wird erkennen können was ich daran korrigiert habe.
Und dann zum Fotapparat. Nicht jeder hat eine Spitzenoptik oder die neue superduper MegaCam. Und dann Schärfe ich eben mal nach, warum nicht. Ich habe mal einen Kurs bei Calvin Hollywood einem Photoshop Artisten besucht und der hat gesagt. Zitat: "Ich investiere lieber Geld in ein Programm wie Fotoshop als mir für das mehrfache von dem Preis eine Spitzenoptik zu besorgen". Zitat Ende. Das war sicherlich zugespitzt gemeint aber da könnte was dran sein. Man kann so vieles retten an Bildern.
Falls es dir um die Autentizität geht. So wie ich das Bild nachher bearbeitet habe - so habe ich es vor Ort auch gesehen. Das Auge passt sich an unterschiedliche Lichtverhältnisse an, der Chip hat aber eine endliche Dynamik. Deshalb sehe ich sogar ein moderates HDR durchaus mal hier und da angebracht oder benutze Tonwertkorrektur und Gradiationskurve um einem Bild den Pepp zu geben den ich vor gesehen habe.
Ich bin mir da absolut sicher durch viele hunderte Bilder die ich bei uns im Club in Buxtehude gesehen habe, dass es viele Aufnahmen gibt die schon durch ein bischen Nachbearbeitung den Sprung von einem naja- zu einem Spitzenbild geschafft hätten - mit ein bischen Nachbearbeitung.
Natürlich kann man auch kräftiger Bearbeiten, Composing usw. aber das geht dann in Richtung Fotoshop Artist. Hier sieht man es den Bildern an, dass sie bearbeitet wurden und es geht in Richtung einer eigenen Kunstform. Die Grenzen sind fliessend.
Wie auch immer das tolle Bild ist das Ziel - die Werkzeuge um es zu kreieren finde ich nahezu beliebig.
Viel Grüsse
Miggel
Hallo Jürgen,
danke für die offene Darstellung deiner Position. Für mich stehen hier nicht die Fragen im Raum, verwerflich oder nicht, gut oder schlecht. Mir ging es darum, Gedanken und Kommentare zu erhalten, die mir neue Impulse geben, um meine bisherige Sichtweise zu überdenken.
Diese Anregungen habe ich erhalten und sie waren für mich sehr hilfreich - meine Entscheidung ist: wesentlich mehr im RAW-Format zu fotografieren.
Auch dir herzlichen Dank für deinen Beitrag.
Beste Grüße
Pete
Der Prozess von der Idee zum Bild lässt sich in verschiedene Abschnitte unterteilen. Definieren wir Foto und Bild als Begriffe der Unterscheidung, wann Bildbearbeitung beginnt, kann man die einzelnen Schritte des Prozesse eindeutig zuordnen.
1. Gestaltung der Aufnahme
Die Gestaltung der Aufnahme erfolgt vor dem Drücken des Auslösers. Gestalterische Elemente beziehen sich sowohl auf die Einstellungen an/in der Kamera, als auch das Gestalten vor der Kamera.
2. Auslösen
Durch das Auslösen wird das Gestaltete samt aller getroffenen Einstellungen als Momentaufnahme gespeichert.
3. Bildgebendes Verfahren
Das bildgebende Verfahren, ein rein technischer Vorgang, entwickelt die Aufnahme zu einem Foto. Dieser Prozess der Entwicklung stellt keine Bearbeitung dar, sondern ist notwendig, um überhaupt ein Foto generieren zu können.
Dabei ist wichtig, dass weder bei der Entwicklung in der Kamera etwaige Spezialprogramme (Gemälde, usw.) zum Einsatz kommen, noch bei der Entwicklung am PC Schritte durchgeführt werden, die sich an der Kamera nicht hätten vorher einstellen lassen – veränderte Gradiationskurven beispielsweise.
Nach Abschluss des bildgebenden Verfahrens liegt ein Foto vor.
4. Veränderung des Fotos
Grundsätzlich könnte man jede nun folgende Veränderung des Fotos als Bearbeitung bezeichnen und das Ergebnis als Bild – damit wäre die Sache eindeutig definiert und beide Begriffen klar abgegrenzt.
Bei Punkt 4 kann man die Unterscheidung durchaus feiner spinnen, dann spielen der Kontext von Zweck und Betrachtung eine Rolle, wie ich schon weiter oben ausgeführt habe.
So weit die klare und unmissverständliche Definition zur Unterscheidung eines Fotos und eines Bildes.
Auf andere im Thread genannte Punkte werde ich in der Folge mit extra Kommentaren eingehen, die aber nichts mehr mit der allgemeinen Abhandlung des Themas zu tun haben, sondern nur Einzeldialoge darstellen.
> Hallo Ambos,
>
> durch deine bisherigen Beiträge zum Thema ist mir klar geworden was du mit: „…Der Begriff Bildbearbeitung ist ja weit dehnbar. …“ meinst. Gerade der zuletzt genannte Aspekt, die eigene Vorstellung vom Motiv im Foto umzusetzen, macht klar deutlich: Ein objektives Foto gibt es nicht, das Foto wird allein dadurch schon subjektiv und damit individuell.
>
> Beste Grüße Pete
Pete, das sind jetzt aber schon philosophische Ansätze, um sich der Fotografie anzunähern. Objektive Bilder und Bearbeitung sind zunächst einmal von einander zu trennen, um nicht technische Veränderungen mit Wahrnehmung gleich setzen zu müssen.
Unsere Wahrnehmung schaffen wir uns. Was wir als real empfinden, ist ein Lernprozess, den wir durchlaufen haben und der uns geprägt hat. So ist für uns ein Feuerzeug real, für eine Person, die das nicht kennt, "Zauberrei".
Die eigene Vorstellung vom Motiv schafft immer ein Abbild dessen. Das ist nicht selten eine sehr persönliche und damit individuelle Interpretation des jeweiligen Fotografen, die auch durchaus subjektiv Stellung zu einem Thema beziehen kann. Mit Bearbeitung an sich, hat das aber noch nichts zu tun, eher mit Manipulation. Natürlich kann man auch mit einer späteren Bearbeitung weiter manipulieren, dazu müssen gar keine Pixel verändert werden, es reichen ggf. schon Aufhellungen oder Abdunklungen.
Wenn dann doch Pixel verändert werden, sind wir bei der Forensik angekommen. Auch hier spielt dann der Kontext wieder eine Rolle, warum die Veränderung (Manipulation) durchgeführt wurde. Das Werk des Fotografen ist davon allerdings ausgenommen, er schafft ja nicht zu Betrugszwecken, sondern seine Manipulation dient der Gestaltung seines Werks, das dann die Dimension des Fotos oder Bildes weit hinter sich lässt.